Die Transformationsfinanzierung für ein klimaneutrales und digitales Nordrhein-West­falen stärken

Antrag der Fraktionen von CDU und GRÜNE im Landtag

I. Ausgangslage

Die Zukunftskoalition von CDU und GRÜNEN will Nordrhein-Westfalen zur ersten klimaneut­ralen Industrieregion Europas machen. Das Land soll eines der innovativsten, nachhaltigsten und wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsstandorte in Europa werden. Grundlage für den wirt­schaftlichen Erfolg in der Zukunft ist wiederum ein schnelles, modernes und vor allem digitales Nordrhein-Westfalen. Diese doppelte Transformation, nämlich der Übergang zur digitalen Ge­sellschaft und die Entwicklung hin zur Klimaneutralität und Nachhaltigkeit, stellt uns gleichzei­tig vor große Herausforderungen und Chancen.

Dabei stemmen vor allem private Unternehmen diese doppelte Transformation: Sie entwickeln zukunftsfähige Produkte und Verfahren, sie passen Geschäftsmodelle anhand nachhaltiger und digitaler Kriterien an. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) beziffert die in diesem Zusammenhang für die Transformation der Wirtschaft jährlich notwendigen Investitionen auf bis zu 70 Mrd. Euro. Diese Nachhaltigkeits- und Digitalisierungsinvestitionen werden getätigt, wenn und solange sie wirtschaftlich interessant sind. Der enorme finanzielle Bedarf verdeut­licht, dass es einer kollektiven Anstrengung zur Realisierung dieser Investitionen bedarf: Ka­pitalgeber und Kapitalnachfrager müssen schneller zusammenfinden, um die Transformation auch tatsächlich möglich zu machen. Es braucht zudem eine Entfesselung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes. Die Kreditwirtschaft, private und öffentliche Kapitalgeber sowie weitere Stakeholder können hierbei als entscheidende Katalysatoren dienen.

Der zuletzt ins Leben gerufenen Initiative Fin.Connect.NRW kommt bei der Vernetzung von Kapitalgebern und Kapitalnachfragern sowie weiteren relevanten Stakeholdern eine entschei­dende Rolle zu. Es gilt, diese zu einer Schlüsselplattform für die Vernetzung von privaten und öffentlichen Kapitalgebern sowie Unternehmen und anderen Stakeholdern im Bereich der Transformationsfinanzierung weiterzuentwickeln. Ziel muss es sein, dass die Partnerinnen und Partner von Fin.Connect.NRW passende Finanzierungsinstrumente für die jeweiligen Ge­schäftsmodelle der Unternehmen über Fin.Connect.NRW bereitstellen. Hierbei kommt eine ganz Bandbreite von Instrumenten wie Kredite in unterschiedlicher Höhe, aber auch etwa Mez-zaninkapital, Fonds, Private Equity und Venture Capital in Frage. Auch andere Akteure, wie die Versicherungswirtschaft sowie öffentliche Förderbanken können flankierend eine wichtige Sicherungs- bzw. Anschluss- und Ankerrolle bei der Transformationsfinanzierung spielen. Gleichzeitig muss Fin.Connect.NRW für sämtliche Stakeholder als starke Plattform der Transformationsfinanzierung deutlich sichtbarer gemacht werden. Denn nicht nur Nordrhein-Westfalen braucht über Fin.Connect.NRW mehr Sichtbarkeit für Kapitalgeber. Auch umge­kehrt ist es unabdingbar, dass Unternehmen diese Kapitalgeber einfacher finden können. So kann das Kapital seinen Weg effektiver in nachhaltige und digitale Geschäftsmodelle finden.

Zur Entwicklung von neuen Geschäftsmodellen stehen Großkonzernen zum Teil ganze Abtei­lungen zur Verfügung. Die etwa 730.000 in Nordrhein-Westfalen ansässigen kleinen und mitt­leren Unternehmen (KMU), welche 99,3 % der Unternehmerlandschaft ausmachen, verfügen dagegen meist nicht über derartige Ressourcen. Eine bürokratiearme Inanspruchnahme von Beratungs- und Zuschussförderprogrammen ist daher für KMU von elementarer Bedeutung.

Dem Programm „Mittelstand Innovativ & Digital“ (MID) kommt hierbei bereits eine Schlüssel­rolle zu. Die kürzlich angekündigte Erweiterung des Programms um die Möglichkeit, eine För­derung für die Einstellung von Hochschulabsolventinnen und -absolventen, die Ressourcen-und Energieeffizienz in Unternehmen zu erhöhen und den Einsatz von klimaverträglichen Technologien voranzutreiben, ist ausdrücklich zu begrüßen.

Diesen Fokus auf Nachhaltigkeit braucht es auch bei den MID-Gutscheinen: Mit dem Teilpro­gramm MID-Gutscheine werden KMU darin unterstützt, eigene innovative intelligente Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln sowie auf zukunftsweisende Produktionsverfahren zurück­zugreifen. Das Programm finanziert Ausgaben für Beratungs-, Entwicklungs- und Umset­zungsdienstleistungen. Es zeichnet sich durch ein unkompliziertes Antrags- und Abrechnungs­verfahren aus. Um die Potenziale der MID-Gutscheine für die Transformation zu heben, ist es sinnvoll, das Programm um einen Beratungsbaustein für Beratungsleistungen im Bereich der nachhaltigen Geschäftsmodelle zu erweitern (Nachhaltigkeitsgutschein).

Auch die wettbewerbsneutral agierende NRW.BANK fungiert bereits seit vielen Jahren als ef­fizienter Fördergeber. Sie hat den Auftrag, das Land Nordrhein-Westfalen u. a. in dem Bereich der Struktur- und Wirtschaftspolitik zu unterstützen. Für diese Aufgabe werden verschiedenste kreditwirtschaftliche Förderprodukte zur Verfügung gestellt. Zur besseren Übersichtlichkeit der Förderstruktur ist es sinnvoll, die vorhandenen Förderbausteine im Themenbereich Klima­schutz und Nachhaltigkeit zu konsolidieren (NRW.BANK.Klimaschutzkredit). Auf die leichte Zugänglichkeit und Abwicklung der Investitionen ist ein besonderes Augenmerk zu setzen.

Digitale und nachhaltige Geschäftsmodelle bringen viele Vorteile: Unternehmen können durch die Umstellung auf umweltfreundliche Prozesse ihren CO2-Fußabdruck reduzieren und ein po­sitives Image aufbauen. Durch neue Geschäftsmodelle werden neue Märkte erschlossen so­wie Wachstum durch Innovation und hochskalierbare Produktion erzeugt, was Wohlstand und Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen sichert. Weiterhin führen nachhaltige Umstellungen zu einer Kostenersparnis für Unternehmen. Durch den umfassenden Ausbau der Erneuerbaren Energieträger sinkt wiederum der Bezugspreis von Energieträgern.

Die Investition von Kapital in die Transformation ist aber immer auch mit Risiken verbunden. Zur Stärkung des Investitionsstandorts Nordrhein-Westfalen können Instrumente zur Risikom­inimierung, wie etwa Haftungsfreistellungen und Bürgschaften, einen Beitrag leisten. Die Ab­sicherung der Transformationsfinanzierung bei KMU sowie im größeren Mittelstand kann eine zielgerichtete Ergänzung zu staatlichen Förderprogrammen sein und sollte nur bei solchen Vorhaben in Betracht kommen, die nicht anderweitig gefördert werden. Klar ist, dass nicht sämtliche Investitionsrisiken auf den Staat übertragen werden sollen, sondern dass ein zu­sätzlicher Investitionsanreiz gegeben werden sowie der Zugang zu Fremdkapital erleichtert werden soll.

Mit den obigen Maßnahmen gehen CDU und GRÜNE einen wichtigen Schritt, um die beiden großen Transformationsaufgaben unserer Zeit möglich zu machen. Von diesem Investment in die Zukunft profitieren nicht nur Kapitalgeber und Kapitalnehmer, sondern das gesamte Land Nordrhein-Westfalen.

II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest, dass

  • zur Finanzierung des klimaneutralen und klimaresilienten Umbaus der Wirtschaft und zur digitalen Transformation umfassende jährliche Investitionen sowohl durch die Unter­nehmen, als auch durch die öffentliche Hand notwendig sind.
  • Impulse benötigt werden, um die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes Nordrhein-Westfalen zu entfesseln.
  • die Finanzplatzinitiative Fin.Connect.NRW, landeseigene Förderprogramme sowie die NRW.BANK wichtige Instrumente, Plattformen und Partner sind, um beim Gelingen der Transformation zu unterstützen.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung, im Rahmen vorhandener Mittel

  • die Finanzplatzinitiative Fin.Connect.NRW und die Vernetzung zwischen Stakeholdern wie Betrieben, der Kreditwirtschaft, Versicherungen sowie weiteren Akteuren zu stärken. Auf dieser Plattform sollen die Akteure passgenaue Finanzierungsinstrumente für eine syndizierte Finanzierung mit mehreren Kreditgebern anbieten und Partnerinnen und Partnern vermitteln können.
  • eine umfassende Informationskampagne zu entwickeln, um die Bekanntheit von Fin.Connect.NRW bei den relevanten Zielgruppen zu erhöhen.
  • bei der NRW.BANK darauf hinzuwirken, dass die Förderinstrumente im Hinblick auf die Finanzierung von Klimaschutz- und Klimaanpassungsinvestitionen unter einem Förder­baustein NRW.BANK.Klimaschutzkredit gebündelt werden.
  • das Programm „Mittelstand Innovativ & Digital“ (MID) um Nachhaltigkeitsgutscheine zur Inanspruchnahme von Beratungsleistungen im Bereich nachhaltiger Geschäftsmodelle zu ergänzen.
  • auf Landesebene zusätzliche Investitionsanreize durch eine Absicherung der Transformationsfinanzierung bei KMU sowie im größeren Mittelstand, etwa durch Haftungsfrei­stellungen und Bürgschaften, zu prüfen.