Lindners geplante Einkommensteuersenkung – Kaum Entlastung für diejenigen, die unter der Inflation am stärksten leiden

Christian Lindner behauptet großspurig, mit seiner geplanten Einkommensteuersenkung würden gezielt kleine und mittlere Einkommen entlastet.

Aber wie sieht die Verteilungswirkung tatsächlich aus?

Vergleichen wir hierzu die Entlastungswirkung einer ledigen und kinderlosen Person, die 38 Stunden die Woche arbeitet und den Mindestlohn von 12 € verdient, der ab nächstem Jahr gilt, mit der eines Bundesministers:

Bei dieser Person entsteht ein jährlicher Bruttoverdienst von rund 24.000 €. Nach Abzug von Sonderausgaben, Werbungskosten etc. verbleibt ein zu versteuerndes Einkommen (zvE) von 20.000 € pro Jahr.

Nach den Berechnungen des Bundesfinanzministeriums soll diese Person nach den Vorschlägen von Christian Lindner jährlich um 115 € entlastet werden. 

Besser- und Top-Verdiener werden hingegen um deutlich mehr entlastet. Um das zu verdeutlichen, schauen wir uns einmal das Beispiel einer Bundesminister*in an. Diese erhalten ein Amtsgehalt von 18.876 € (Stand: 2018). Die tatsächliche Besoldung dürfte mittlerweile höher sein, aber aktuellere Daten liegen mir nicht vor. Unter Vernachlässigung sonstiger Einkünfte wie Bundestagsdiäten ergibt sich ein Bruttogehalt von rund 226.500 €. Nach Abzug von Sonderausgaben (wie z. B. Kirchensteuer, sofern die Person nicht aus der Kirche ausgetreten ist) und Werbungskosten und Vernachlässigung des Ehegattensplittings gehen wir mal von einem zvE von rund 180.000 € pro Jahr aus.

Hier stellt sich nach den Vorstellungen des Bundesfinanzministers eine Steuersenkung von 479 € ein. Diese Ersparnis können nach Angaben des Bundesfinanzministeriums alle Einkommen ab 70.000 € zvE erwarten.

Mit anderen Worten: Top-Verdiener werden absolut gesehen mehr als viermal so stark entlastet wie Menschen, die Vollzeit arbeiten, aber nur den Mindestlohn bekommen! Noch dazu sorgt dieses Steuersenkungsvorhaben für Mindereinnahmen von rund 10 Mrd. € pro Jahr.

Diese Auswirkungen sind aufgrund des progressiven Verlaufs der Einkommensteuer sowie der Tatsache, dass die unteren 50 % der Einkommensbezieher kaum oder gar keine Einkommensteuer zahlen, auch wenig überraschend. Es zeigt aber einmal mehr, dass Einkommensteuersenkungen ein untaugliches Instrument sind, um diese Einkommensgruppen zu entlasten.

Und da Gering- und Durchschnittsverdiener besonders von den gestiegenen Preisen, vor allem bei Lebensmitteln und Energie betroffen sind, war es ja zurecht erklärtes Ziel der Ampel-Koalition, diese Gruppen auch zielgerichtet zu entlasten.

Umso unverständlicher sind die Steuersenkungspläne von Christian Lindner vor diesem Hintergrund.