Die Finanzverwaltung im Kampf gegen Steuerkriminalität stärken

Antrag der Fraktionen von CDU und GRÜNE im Landtag

Der Änderungsantrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und GRÜNEN im Landtag

I. Ausgangslage

Die Zukunftskoalition von CDU und GRÜNEN bekennt sich zu einer bürgerfreundlichen und leistungsfähigen Finanzverwaltung. Sie verfolgt in diesem Sinne auch das Ziel, Steuerkrimina­lität und Geldwäsche entschieden zu bekämpfen. Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, dass Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen angemessen zur Finanzierung öffentlicher Leis­tungen beitragen. Nicht hinzunehmen ist daher, dass allen staatlichen Ebenen in Deutschland jedes Jahr durch Steuerhinterziehung insgesamt 100 Milliarden Euro entgehen.

Steuerkriminalität ist kein Kavaliersdelikt. Sie untergräbt die Steuermoral vieler ehrlicher Steu­erzahlerinnen und Steuerzahler und entzieht dem Gemeinwesen bedeutende Mittel zu dessen Finanzierung. Sie muss daher entschlossen bekämpft werden. Nordrhein-Westfalen ist mit seinen zehn Finanzämtern für Steuerstrafrecht und Steuerfahndung und der Task Force gegen Terrorismusfinanzierung, Organisierte Kriminalität und Geldwäsche gut aufgestellt und hat in den vergangenen Jahren eine Vorreiterrolle eingenommen. Dies zeigen die Fahndungserfolge im Kleinen wie im Großen.

Die Steuerkriminalität hat sich in den vergangenen Jahren zu einem äußerst vielschichtigen Phänomen entwickelt. Täter sind nicht mehr nur Einzeltäter, sondern vermehrt organisierte Banden, etwa bei sog. Karussellgeschäften. Steuerhinterziehung ist auch nicht mehr nur ein Einzeldelikt, sondern wird im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung, Korruption, Dro­genhandel oder Geldwäsche begangen. National wie international bedarf es einer verstärkten Zusammenarbeit von Finanz-, Polizei- und Strafverfolgungsbehörden, um diese Fälle aufzu­klären und zu verfolgen. An diese komplexen Vorgänge muss sich die Finanzverwaltung struk­turell wie personell anpassen. Dafür möchte die Zukunftskoalition von CDU und GRÜNEN nun erste Weichen stellen.

Neben diese Herausforderungen tritt der demographische Wandel, der auch vor der nordrhein-westfälischen Finanzverwaltung nicht Halt macht. Die Attraktivität der Finanzverwaltung als Arbeitgeber im Allgemeinen und der Steuerfahndung im Besonderen ist stets zu hinterfragen und zu optimieren.

Der verstärkte Einsatz automatisierter Prozesse und Künstlicher Intelligenz (KI) kann eine Un­terstützung sein, indem er den intensiveren Datenabgleich und die Feststellung von steuer­rechtlichen Auffälligkeiten durch das Erkennen von Mustern und Strukturen ermöglicht. Prüferinnen und Prüfer könnten sich bei erfolgreichem Einsatz auf die intensive Prüfung weni­ger Fälle konzentrieren und effizienter arbeiten.

Die Koalition von CDU und GRÜNEN hat sich in ihrem Zukunftsvertrag dazu bekannt, jede Form von Steuerkriminalität entschieden zu bekämpfen und die Vorreiterrolle des Landes Nordrhein-Westfalen bei der Bekämpfung weiter auszubauen. In einem ersten Schritt sollen hierzu die erforderlichen Strukturen zur Bündelung der personellen Kräfte und zur besseren Vernetzung mit anderen Behörden geschaffen werden.

I. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:

  • Nordrhein-Westfalen verdankt sein hohes Steueraufkommen und den damit verbunde­nen Gestaltungsspielraum der großen Mehrheit der steuerehrlichen Bürgerinnen und Bürger.
  • Grundsätzlich gilt: Mehr Prävention macht weniger Fahndung erforderlich. Wo aber er­forderlich, bekämpft Nordrhein-Westfalen die Steuerkriminalität entschlossen.
  • Nordrhein-Westfalen ist nicht zuletzt durch die Arbeit der Task Force zur Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung, Organisierte Kriminalität und Geldwäsche sowie der zehn Finanzämter für Steuerstrafrecht und Steuerfahndung im Bundesländervergleich gut auf­gestellt.
  • Steuerkriminalität ist kein Kavaliersdelikt. Vielmehr ist sie häufig mit komplexen Gestal­tungen wie z.B. Umsatzsteuerkarussellgeschäften, mit Organisierter Kriminalität, Geld­wäsche, Drogenhandel oder Korruption verbunden. Diesen Entwicklungen muss die Fi­nanzverwaltung in Nordrhein-Westfalen strukturell und personell Rechnung tragen.

Der Landtag beauftragt die Landesregierung:

  • die personellen Kräfte zu bündeln, Schwerpunktbereiche von hoher Komplexität zu bün­deln und insbesondere die Integration der Task Force gegen Terrorismusfinanzierung, Organisierte Kriminalität und Geldwäsche sowie der Zentralstelle zur Umsatzsteuerbe-trugsbekämpfung (ZEUS) und der Steueraufsicht (ARES NRW) vorzusehen. Hierbei sol­len innovative Arbeitsmodelle genutzt werden, die für interessierte, aber in der Fläche des Landes verteilte Fachkräfte attraktive Arbeitsbedingungen bieten.
  • damit eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen Polizei, Zoll, Finanzkontrolle Schwarzarbeit, BKA und FIU konsequent sicherzustellen.
  • mit den verbundenen personellen und strukturellen Anpassungen sicherzustellen, dass die Personalentwicklungskonzepte so fortgeschrieben werden, dass die Gewinnung und der Verbleib von qualifiziertem Personal attraktiv bleiben.
  • die Anwerbung potentieller Bewerberinnen und Bewerber für die Ausbildung in den Lauf­bahngruppen 2.1. und 2.2 in der Finanzverwaltung auszudehnen und hierbei mit geziel­ten Hinweisen auf Karrieremöglichkeiten in der Steuerfahndung auf wirtschaftskrimina­listisch interessierte Bewerberinnen und Bewerber auch außerhalb der Finanzverwal­tung zuzugehen.
  • Das Fortbildungsangebot in der Finanzverwaltung dahingehend weiterzuentwickeln, dass kriminalistische Fortbildungsangebote für alle Beschäftigten ausgebaut werden. Zugleich soll der Polizei die Möglichkeit eröffnet werden, an Fortbildungen der Finanz­verwaltung teilzunehmen, um grundlegendes Wissen im Bereich der Steuerhinterzie­hung und Steuerbetrug zu erhalten und ein ressortübergreifendes Fortbildungsangebot aufzubauen,
  • Neben einer personellen Stärkung der Finanzverwaltung im Allgemeinen und der Steu­erfahndung im Speziellen auch attraktive und entlastende Arbeitsbedingungen im Be­reich der IT-Ausstattung sicherzustellen.
  • die internationale Zusammenarbeit mit europäischen Ermittlungsbehörden zu intensivie­ren, etwa durch die Entsendung von Steuerfahnderinnen und Steuerfahndern aus Nord­rhein-Westfalen sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten zur Europäischen Staats­anwaltschaft EUSTA, zu EUROPOL, im Sinne der justiziellen Zusammenarbeit in Straf­sachen zu EUROJUST sowie zur grenzüberschreitenden Finanzermittlung an CARIN.
  • Den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zu etablieren, beispielsweise für die auto­matisierte und risikoorientierte Steuerprüfung.