Antrag zur Feststellung einer außergewöhnlichen Notsituation nach § 18 b Landeshaushalts-ordnung (LHO) in Verbindung mit Art. 109 Abs. 3 S. 2, 2. Alternative GG

Antrag der Fraktionen von CDU und GRÜNE im Landtag

I. Ausgangslage

Mit Beschluss vom 7. Dezember 2022 hat der Landtag das Vorliegen eine außergewöhnliche Notsituation nach § 18 b Landeshaushaltsordnung (LHO) in Verbindung mit Art. 109 Abs. 3 S. 2, 2. Alternative GG festgestellt, die sich der Kontrolle des Staates entzieht und die die Finanz­lage des Landes Nordrhein-Westfalen erheblich beeinträchtigt. Damit hat sich der Landtag den Beschlüssen des Deutschen Bundestages vom 3. Juni 2022 (BT-Drs. 20/2036) und 21. Okto­ber 2022 (BT-Drs. 20/4058) angeschlossen, mit denen ebenfalls festgestellt wurde, dass nicht nur aufgrund der Corona-Pandemie, sondern vor allem durch die Auswirkungen des russi­schen Angriffskrieges gegen die Ukraine eine außergewöhnliche Notsituation besteht, die sich der Kontrolle des Staates entzieht und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigt. Darin hatte der Deutsche Bundestag insbesondere darauf verwiesen, dass sich die Lage durch die Einstellung der russischen Gaslieferungen verschärft hat und dass die zuletzt massiven Preis­steigerungen bei Gas und in der Folge auch Strom eine erhebliche, teilweise existenzbedro­hende Belastung für Bevölkerung, öffentliche Stellen und Institutionen der Daseinsvorsorge und Unternehmen in Deutschland darstellen.

Die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Krisensituation als „außergewöhnliche Notsituation“ besteht unverändert fort. Auch wenn sie im nun auslaufenden Haushaltsjahr 2022 aufgrund der derzeitigen Volatilität aller Voraussicht nach noch nicht zu einer erheblichen Beeinträchti­gung der staatlichen Finanzlage führen wird, ist schon jetzt klar, dass sie im Haushaltsjahr 2023 eine erhebliche Beeinträchtigung der staatlichen Finanzlage zur Folge haben wird.

Die dramatische Notsituation ist ausschließlich auf die aktuelle Krisensituation in Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine zurückzuführen, deren Konsequenzen sich insbe­sondere im Jahr 2023 zeigen werden. Nordrhein-Westfalen stand bis zum Zeitpunkt des Be­ginns dieser Krisensituation wirtschaftlich und haushaltswirtschaftlich auf sehr solidem Funda­ment. Die Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts lag im 1. Halbjahr 2022 noch bei 2,5 %.

Nach allen bisher vorliegenden Erkenntnissen stellt der russische Angriffskrieg gegen die Uk­raine eine massive Zäsur für diesen bisherigen Erholungspfad da. Die Auswirkungen treffen Nordrhein-Westfalen dabei härter als andere Bundesländer. Die Wirtschaftsstruktur des Lan­des ist durch viele Grundstoffindustrien geprägt, die besonders energieintensiv sind. Hierzu gehören insbesondere die Metallverarbeitende und die Chemische Industrie, die aufgrund der

hohen Energiekosten, die nicht unmittelbar und vollständig an die Endabnehmer weiterge­reicht werden können, erheblich unter Druck geraten sind, Verluste einfahren oder gar ihre Produktion ganz oder teilweise einstellen mussten.

Die Wachstumsschätzung des Ifo-Instituts für das 3. Quartal 2022 (Pressemitteilung des Ifo-Instituts, München, vom 02.11.2022) verdeutlicht die großen regionalen Unterschiede auf­grund der vorbezeichneten strukturellen Besonderheiten. Danach muss Nordrhein-Westfalen für das 3. Quartal 2022 einen Rückgang des BIP-Wachstums um 2,8 % hinnehmen, während der Bundesdurchschnitt immer noch bei einem Wachstum von +0,3 % liegt. Die besondere Betroffenheit von Nordrhein-Westfalen wird auch dadurch deutlich, dass die Industrieproduk­tion nach Zahlen der Deutschen Bundesbank im dritten Quartal 2022 um 4,6 Prozent einge­brochen ist, während im gesamtdeutschen Durchschnitt noch ein Zuwachs von 1,9 Prozent zu verzeichnen gewesen ist. Auch das RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung kommt mit einer eigenen Modellrechnung zu dem Ergebnis, dass der wirtschaftliche Einbruch bereits im dritten Quartal 2022 in Nordrhein-Westfalen deutlich stärker als in anderen Bundesländern ausgefallen ist.

Angesichts der Energie- und Inflationskrise beurteilten auch die Unternehmen in Nordrhein-Westfalen sowohl die aktuelle Lage als auch die Erwartungen weiterhin schlechter. Der Stim­mungsrückgang zieht sich durch sämtliche Branchen. Das zeigt die von der Deutschen Bun­desbank ermittelte Stimmungstendenz in Nordrhein-Westfalen im Vergleich zum Bund. Da­nach verläuft diese schon seit einem Jahr deutlich ungünstiger als der Bundesdurchschnitt. Es ist mit Blick auf die weitere Entwicklung nicht zu erwarten, dass es kurzfristig zu einer deutli­chen Stimmungsaufhellung kommt. Auch die jüngsten kleinen Verbesserungen des NRW.BANK.ifo-Geschäftsklimaindex vom 6. Dezember 2022 deuten noch nicht auf eine Trendumkehr hin und rechtfertigen damit keine abweichende Einschätzung.

Da die Stimmungstendenz ein wichtiger Indikator für die weitere kurz- und mittelfristige wirt­schaftliche Entwicklung ist und sich hier der deutlich schlechtere Verlauf im Vergleich zum Bundesschnitt vorerst zu verfestigen scheint, ist nach allen vorliegenden Erkenntnissen so­wohl für das vierte Quartal 2022 als auch insbesondere für das Folgejahr 2023 in Nordrhein-Westfalen mit einer deutlich schlechteren wirtschaftlichen Entwicklung als in anderen Bundes­ländern zu rechnen. Mit Blick auf das oben genannte deutliche Auseinanderlaufen der wirt­schaftlichen Entwicklungen zwischen den einzelnen Bundesländern ist im Jahr 2023 für Nord­rhein-Westfalen selbst in optimistischen Szenarien mit einer erheblichen Rezession zu rech­nen, die durch den Ukraine-Krieg als exogenem Schock verursacht wurde.

Darauf deutet auch die jüngste Konjunkturprognose der Deutschen Bundesbank vom 16. De­zember 2022 hin. Während bereits für Gesamtdeutschland mit einem Rückgang der Wirt­schaftskraft um 0,5 Prozent gerechnet wird, erwartet die Bundesbank regional noch deutlich schlechtere Entwicklungen. In dieses Bild fügt sich der Konjunkturbericht der IHK Nordrhein-Westfalen, der die nordrhein-westfälische Wirtschaft vor einem schweren Winter stehen sieht (Konjunkturbericht IHK Nordrhein-Westfalen, Herbst 2022). Und auch der KfW-Konjunktur-kompass (25.11.2022) sieht Deutschland am Beginn einer erneuten Rezession und erwartet einen BIP-Rückgang in Jahr 2023 um 1,0 Prozent (Vorprognose -0,3 %). Da Nordrhein-West­falen in die Prognose eingeht, wäre der gesamtdeutsche Schnitt deutlich positiver ohne Nord­rhein-Westfalen: „Sehr pessimistisch sind die vorausschauenden Komponenten in den Unter­nehmensbefragungen, wie z.B. die Geschäftserwartungen im KfW-ifo-Mittelstandsbarometer. Sie liegen in beiden Unternehmensklassen so niedrig wie in der Vergangenheit nur vor den großen Rezessionen.“ Hinzu kommt die Gefahr einer Gasmangellage im Spätherbst 2023.

Losgelöst von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung hat sich die Annahme bestätigt, dass die Entwicklungen im Ukraine-Krieg und die zerstörerischen Angriffe Russlands auf die

Infrastruktur der Ukraine befürchten lassen, dass die Fluchtbewegung aus der Ukraine zuneh­men wird. Aufgrund des Ukrainekriegs sind viele Ukrainerinnen und Ukrainer in die EU und auch nach Deutschland geflohen. In Nordrhein-Westfalen sind derzeit 221.698 ukrainische Schutzsuchende erfasst (Quelle: AZR-Sonderauswertung des BAMF vom 11.12.22). Da seit einigen Wochen zusätzlich auch die Zugangszahlen von Asylsuchenden (Hauptherkunftslän­der derzeit: Syrien, Afghanistan, Irak) stark steigen, ist das System zur Unterbringung, Versor­gung, Registrierung und Verteilung von Geflüchteten in Nordrhein-Westfalen stark belastet – sowohl auf Landesebene, als auch in den Kommunen.

Es ist davon auszugehen, dass in den kommenden Monaten der kalten Jahreszeit nicht mit einer Entspannung der Situation zu rechnen ist. Im Gegenteil, je nach Kriegsverlauf in der Ukraine könnten sich weitere Schutzsuchende auf den Weg auch nach Nordrhein-Westfalen machen, wenn die Infrastruktur z. B. zur Heizung der Wohnung von den russischen Streitkräf­ten weiter zerstört wird.

Insgesamt liegen daher in Folge des russischen Angriffskriegs eine zunehmende erhebliche Belastung der für die Flüchtlingsunterbringung zuständigen Stellen und existenzbedrohende Belastungen für Bürger und Unternehmen sowie ein massiver Einbruch der Wirtschaft, auch im Bereich der Kritischen Infrastruktur, also eine plötzliche Beeinträchtigung der Wirtschafts­abläufe in einem extremen Ausmaß aufgrund eines exogenen Schocks. vor.

Diese außergewöhnliche Notsituation ist ausschließlich durch den russischen Angriffskrieg so­wie durch die folgende Energiekrise und Energiepreisentwicklung, durch Inflation und Entwick­lung der Fluchtbewegung verursacht, die eine Rezession zur Folge haben. Sie ist daher auf äußere Einflüsse zurückzuführen, die nicht der staatlichen Kontrolle unterliegen.

Die Notsituation beeinträchtigt die staatliche Finanzlage in Nordrhein-Westfalen sowohl auf der Einnahmen- als auch insbesondere auf der Ausgabenseite. Die Beeinträchtigung der staatlichen Finanzlage ist auch erheblich, da der staatliche Finanzbedarf zur Bewältigung der Notsituation gemessen an der Finanzkraft des Landes Nordrhein-Westfalen außerordentlich hoch ist. Die dargestellten massiven Einbrüche können nicht im regulären Haushalt aufgefan­gen werden. Während die Bewältigung der aktuellen Krise auf der Ausgabenseite erhebliche finanzielle Kraftanstrengungen für eigene Krisenmaßnahmen seitens des Landes erfordert, sind die Einsparmöglichkeiten begrenzt: Um kurzfristige Einsparmöglichkeiten zu heben, sind im kommenden Haushalt 2023 globale Minderausgaben im nahezu maximal zulässigen Um­fang von 2% des Haushaltsvolumens (1,83 Mrd. Euro) vorgesehen, die von allen Ressorts zu erwirtschaften sind. Darüber hinaus konnten durch Änderungsanträge der Fraktionen von CDU und Bündnis 90/Die Grünen Einsparungen in Höhe von rund 910 Millionen Euro erreicht wer­den.

Eine darüberhinausgehende kurzfristige weitere Umpriorisierung von bestehenden Ausgaben ist insbesondere angesichts umfassender gesetzlich erforderlicher Leistungen und der hohen, kurzfristig nicht variierbaren Personalausgaben nicht möglich.

Mit Blick auf die Steuereinnahmen zeigen sich in Summe im auslaufenden Haushaltsjahr 2022 zunächst noch Einnahmeverbesserungen gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Maßgeblich für diese Steuermehreinnahmen sind allerdings Zuwächse bei der Umsatzsteuer und bei der Lohnsteuer. Die positive Entwicklung bei diesen Steuereinnahmen ist jedoch gerade kein Aus­druck einer robusten wirtschaftlichen Entwicklung, sondern vielmehr Indikator für die Schwere der aktuellen Energie- und Inflationskrise. Die massiven Preissteigerungen führen dazu, dass viele Privathaushalte einen deutlich höheren Anteil ihres verfügbaren Einkommens für den alltäglichen Konsum zur Bestreitung des Lebensunterhalts aufwenden müssen. Mit höheren notwendigen Konsumausgaben steigt dann auch unmittelbar das Umsatzsteueraufkommen.

Im Fall der Lohnsteuer kommt es aufgrund der kalten Progression in einem inflationären Um­feld zu einem Steueraufwuchs, solange die Eckwerte des progressiven Steuertarifes nicht an die Preissteigerungsrate angepasst werden bzw. worden sind.

Bund und Länder haben sich im Rahmen des umfangreichen Inflationsausgleichsgesetzes 2022 daher gemeinsam darauf verständigt, einen großen Teil dieser krisenbedingten Steuer­aufwüchse durch gezielte Entlastungsmaßnahmen zu korrigieren. Insofern ist damit zu rech­nen, dass in 2023 die stabilisierende Wirkung der Lohnsteuer auf die Steuereinnahmen des Landes deutlich geringer ausfällt. Dieser Ausgleich der kalten Progression stabilisiert so einer­seits aber die finanzielle Situation vieler privater Haushalte und ist damit ein Baustein der Kri­senmaßnahmen. Anderseits stehen die für gemeinsame Maßnahmenpakete von Bund und Länder anteilig eingesetzten Mittel aus den Landeshaushalten nicht länger zur Verfügung, um in anderen Bereichen weiterhin erforderliche flankierende landesseitige Maßnahmen zur Be­wältigung der Krise zu finanzieren. So führt die Beteiligung des Landes Nordrhein-Westfalen an den Entlastungspaketen des Bundes zur Bewältigung der Folgen des Ukraine-Krieges al­leine im Jahr 2023 zu Mindereinnahmen in Höhe von rund 4 Mrd. Euro gegenüber den Pla­nungen der mittelfristigen Finanzplanung 2022-2026 vom Oktober 2022.

Die im Haushaltsjahr 2022 aufgrund der oben genannten krisenbedingten Aufwüchse noch angefallenen Steuerverbesserungen stehen ferner auch nicht zur Verfügung, um diese Mehr­belastungen im Haushaltsjahr 2023 aufzufangen und zeitgleich die erforderlichen landesseiti-gen Maßnahmen zur Bewältigung der aktuellen Krisenlage zumindest anteilig zu finanzieren. Hintergrund ist, dass sich die aktuelle Krise unmittelbar an die Corona-Krise anschließt. Zur Finanzierung aller direkten und indirekten Folgen der Corona-Pandemie war der Landeshaus­halt 2022 anteilig kreditfinanziert. Unmittelbare Folge ist, dass auch ein möglicher Haushalts­überschuss 2022 zur Schuldentilgung zu verwenden ist und ausdrücklich nicht zur überjähri­gen Finanzierung von Krisenmaßnahmen eingesetzt werden kann.

Die Beeinträchtigung der staatlichen Finanzlage erfasst jedoch nicht nur unmittelbare Auswir­kungen der außergewöhnlichen Notsituation auf die Finanzlage, es sind insbesondere auch diejenigen Finanzbedarfe einzubeziehen, die zur Beseitigung der aus einer Notsituation resul­tierenden Schäden und etwaigen vorbeugenden Maßnahmen entstehen.

Die nach der Datenlage notwendige Stabilisierung der nordrhein-westfälischen Volkswirtschaft erfordert, entsprechende Hilfsprogramme aufzulegen:

  • Diese Hilfsprogramme müssen einerseits bestehende Lücken der Bundeshilfspro­gramme der Strom- und Gaspreisbremse sowie der zusätzlichen Härtefallfonds schlie­ßen
  • Andererseits ist es erforderlich, Hilfen für Unternehmen zu leisten, damit diese die schwierige Situation im Jahr 2023 bewältigen. Es gilt, drohende Produktionsverlage­rungen in Länder mit niedrigeren Energiekosten zu verhindern. Dazu müssen kurzfris­tige Unternehmenshilfen umgesetzt werden.
  • Zudem ist es erforderlich, durch Maßnahmen die Auswirkungen des russischen An­griffskriegs auf die Ukraine für öffentliche Stellen und Institutionen der Daseinsvorsorge abzufedern und gegen noch zu erwartende Auswirkungen dieser Krisensituation zu wappnen.

Es gilt, über die hiermit zu erreichende Stabilisierung auch für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes die Krisensituation abzufedern und insbesondere für einkommensschwachen Haushalte die Auswirkungen der Energiekrise abzupuffern, um den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft nicht zu gefährden.

Schon jetzt ist absehbar, dass das erste Maßnahmenpaket ein Volumen von über 1,6 Mrd. EUR haben wird und dass weitere Maßnahmen in Höhe von bis zu 5 Mrd. EUR zwingend sein werden, um die o.g. Ziele zu erreichen und Krisenhilfe, Krisenresilienz und Krisenvorsorge sicherzustellen. In Anbetracht der zusätzlichen Belastungen durch die Entlastungspakete des Bundes und aus den weiteren o.g. Gründen lassen sich die notwendigen Krisenbewältigungs-maßnahmen nicht ohne Kreditaufnahme finanzieren. Auch die vom Bund den Ländern und Kommunen bereitgestellten Mittel für die Flüchtlinge aus der Ukraine reichen bei weitem nicht aus, um den hierfür erforderlichen Bedarf zu decken.

Absehbar ist aber auch, dass die aktuelle Krise weithin sehr dynamisch und in Teilen schwer vorhersagbar bleibt. Ein prominentes Beispiel für die dynamische Krisenlage ist die ungeplant deutlich verzögerte Wartung von zentralen Kraftwerkskapazitäten im Nachbarland Frankreich, die entgegen früherer Planungen in der Energiekrise jetzt im Winter vorerst Stromlieferungen aus Deutschland erforderlich werden lassen und eine zusätzliche Herausforderung für die Netzstabilität darstellen. In einer derart dynamischen Lage lässt sich aktuell nicht abschließend und trennscharf auf Ebene von konkreten Haushaltstiteln festlegen, welche weiteren landes­eigenen Hilfsmaßnahmen im Verlauf des Haushaltsjahres 2023 – möglicherweise auch sehr zeitnah – mit welchen Schwerpunkten noch erforderlich werden.

Der geplante Weg zur Errichtung eines Sondervermögens zur Bewältigung der Krisensituation in Folge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine sichert daher die dringend erforderliche Flexibilität, um im Haushaltsjahr 2023 auf den weiteren Krisenverlauf zeitnah und treffsicher mit geeigneten Maßnahmen reagieren zu können. Der erforderliche Weg über ein erneutes Sondervermögen ist nach sorgsamer Abwägung ferner auch ein weiteres Argument, warum für die ergänzende Nettokreditaufnahme in der aktuellen Krise die Notlagenvariante als Aus­nahme von der Schuldenregel nach Art. 109 Abs. 3 S. 2, 2. Alternative GG gewählt wird. Die Ausnahme von der Schuldenbremse nach der Konjunkturkomponente nach Art. 109 Abs. 3 S. 2 würde es erfordern, die ergänzend aufgenommenen Kreditmittel im kommenden Landes­haushalt 2023 bereits jetzt trennscharf bestimmten Haushaltstiteln zuzuordnen. Dies ist jedoch aus den oben geschilderten Gründen gerade nicht möglich. Die von der Verfassung vorgese­hene Notwendigkeit, in Notsituationen die notwendige Flexibilität zu haben, findet also gerade in der aktuellen, durch den Ukraine-Krieg verursachten Krise ihre Anwendung.

Ziel der geplanten umfangreichen landesseitigen Hilfs- und Entlastungsmaßnahmen ist, die Lage in Nordrhein-Westfalen zu stabilisieren und das Land nach der Krise schnell wieder auf einen nachhaltigen Wachstumskurs zu führen. Mit Blick auf die dafür erforderlichen ergänzen­den Kreditmittel ist bereits im Jahr 2024 der Einstieg in die konjunkturgerechte Tilgung inner­halb von maximal 25 Jahren geplant und im Haushaltsgesetz entsprechend festgelegt. Mit dem Ziel der konjunkturgerechten Tilgung geht einher, dass das Land im Falle eines erhofften schnellen und robusten Aufschwungs die jetzt erforderlichen Kredite auch schneller zurück­führen kann.

II. Beschlussfassung

  1. Der Landtag beschließt:

Es wird festgestellt, dass aus den vorgenannten Gründen im Jahr 2023 eine außergewöhnli­che Notsituation nach § 18 b Landeshaushaltsordnung (LHO) in Verbindung mit Art. 109 Abs. 3 S. 2, 2. Alternative GG vorliegt, die sich der Kontrolle des Staates entzieht und die die Fi­nanzlage des Landes Nordrhein-Westfalen erheblich beeinträchtigt.